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Wer das Lieblingsplatte-Festival von der ersten Ausgabe an kennt, wird merken, dass es an seinem neunten Geburtstag einen etwas anderen Charakter angenommen hat.

Während es früher gerne zurückschaute auf Alben aus den 1970er- und 1980er-Jahren, nimmt es neuerdings die Gegenwart volley. Das Festival schreibt mit großem Selbstbewusstsein den Pop-Kanon Richtung Jetztzeit fort. Es sagt, was Sache ist.

Mia Morgan zum Beispiel. Deren große Kunst teilte sich vielen erst auf ihrem Albumdebüt „Fleisch“ mit. Das erschien vor drei Jahren, es war etwas Besonderes, und das ist es heute noch. Glockenklarer Gesang, mal flehentliche, mal rotzige Stimme. Texte über Schönheitsideale und Selbstwahrnehmung der Gen Z. Im Zakk war Mia Morgan damals längst eine alte Bekannte. Sie hatte dort schon 2019 ihre frühe EP „Gruftpop“ in der Fem-Pop-Reihe vorgestellt.

Oder Ilgen-Nur: Ebenfalls im Jahr 2019 erschien „Power Nap“, das Debüt der damals 23-jährigen Frau mit der coolen Stimme. Sie sang über ihren Alltag, poetisierte das Normale und blieb doch lakonisch dabei. Die Platte ist bereits ein Klassiker in dem an Klassikern rarem Genre deutscher Indiepop von internationalem Format. Ein Beweis dafür, dass es junge Lieblingsplatten gibt. Zuneigung sofort.

Die zweite Auffälligkeit, die sich nach fast einem Jahrzehnt mit dem von Miguel Passarge erfundenen Festival ergibt: Es hat sein eigenes Netzwerk geknüpft. Zu den Stammgästen gehört zum Beispiel Torch, der in diesem Jahr mit Blitz Mob die HipHop-Pionierleistung „Die Organisation“ aufführen wird. Torch ist bereits zum vierten Mal dabei. Einmal war er mit seiner eigenen Platte „Blauer Samt“ im Zakk, dann als Gast von Toni-L und außerdem als DJ der Stieber Twins. Oder die Fehlfarben: Die eröffneten 2016 die Festivalpremiere mit ihrem allseits verehrten Werk „Monarchie und Alltag“. Nun präsentieren sie „33 Tage in Ketten“, eine unbedingt neu-entdeckenswerte Veröffentlichung.

Überhaupt ist die „Lieblingsplatte“ zum Kurator des Guten geworden: Hör dir das mal an, beschäftige dich damit noch näher, leg dein Ohr auf die Schiene ins Heute. Die Rainbirds führen deshalb nicht ihr Debüt auf, das so heißt wie die Band und den Über-Hit „Blueprint“ beinhaltet. Das wäre zu einfach, zu naheliegend. Sie bringen lieber das 1989 erschienene, viel ambitioniertere Album „Call Me Easy, Say I’m Strong, Love Me My Way, It Ain’t Wrong“ auf die Bühne. Darauf ist unter anderem das zehn Minuten lange Hammerstück „Sea Of Time“ zu hören. Dass sie als Zugabe natürlich trotzdem „Blueprint“ spielen, versteht sich von selbst.

Anderes Beispiel: Wenn beim Thema hochwertiger Deutschrap aus den 1990er-Jahren viele gleich an die Absoluten Beginner denken, geht „Lieblingsplatte“ einen Schritt weiter: Wie wäre es mit „Im Auftrag ewiger Jugend und Glückseligkeit“ von Kinderzimmer Productions? Wer es wiederhört, nickt und denkt: Ja, klar!

So ist das also, das Lieblingsplatte-Festival macht Lieblingsplatten. Dieses Festival treibt wie ein guter Freund die akustische Herzensbildung weiter voran. Es bietet Unmittelbarkeit im Sound. Und eine Kulturgeschichte des zeitgenössischen Klangs.